Mein Artikel in der Obwaldner Zeitung vom 23. September 2024 - "Stimme aus Bern" anlässlich der Herbstsession 2024
Sehr intensiv debattierte der Nationalrat die Volksinitiative der FDP-Frauen zur Individualbesteuerung (IB). Ziel: Abschaffung der Heiratsstrafe, denn sie besteuert Eheleute mit Doppeleinkommen progressiv. Doch die IB erweist sich als teuer und ungerecht. Warum?
Die Initianten argumentieren, dass die IB das Arbeiten für Frauen attraktiver machen und dem Fachkräftemangel entgegenwirken soll. Mit der Individualbesteuerung wäre der prognostizierte Effekt der, wie wenn 2 bis 8% aller erwerbsfähigen Frauen ihr Pensum um 20% erhöhen würden, in absolute Zahlen wären das 50’000 bis 220’000 von insgesamt 2.7 Millionen Frauen. Oder anders: das Beschäftigungs-Potential wären 10’000 bis 44’000 Vollzeitstellen.
Der Systemwechsel von einer gemeinsamen Besteuerung zur IB würde bei den Kantonen rund 1,7 Millionen neue Veranlagungen auslösen, dies bräuchte schweizweit rund 1’000 bis 1’600 neue Beamtenstellen. Der Staat wird weiter aufgeblasen. Mehr als verständlich also, dass 21 Kantone, darunter die Innerschweizer Kantone, die Individualbesteuerung ablehnen. Die gesamten Veranlagungs-Mehrkosten würden 100 bis 240 Millionen Franken betragen.
Ein Steuersystem sollte wertneutral sein, unabhängig von Einverdienerhaushalten oder Teilzeitpensen. Die IB belohnt Eltern mit gleich aufgeteilten Arbeitspensen und mit Kindern in Fremdbetreuung (Abzüge bis 25’500 pro Kind). Die rund 600’000 Ehepaare mit nur einem Einkommen sowie Einverdiener-Familien, die ihre Kinder selber betreuen, wären die grossen Verlierer. Der zu den Kindern schauende Elternteil hätte keinen Anspruch auf Fremdbetreuungs- und Kinder-Abzüge. Ihnen drohen zudem bis zu sechs Mal mehr Steuern – trotz gleicher Arbeitsleistung und Haushalteinkommen.
Fazit: Die IB resultiert in mangelnder Wertschätzung der klassischen Familienarbeit, insbesondere für die 1,1 Millionen Eltern und Kinder in Grossfamilien (drei oder mehr Kinder). Familien und Frauen sollen selber entscheiden können, nach welchem Modell sie leben möchten. Es ist nicht Aufgabe des Staates, Frauen und Mütter je nach Familienmodell steuerlich zu belohnen oder zu bestrafen.
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